Die Abteilung „Geburtserfahrung“

des „Instituts für Pränatale Psychologie und Medizin“ versteht sich als Forum für Informationen, Ankündigungen von Weiterbildungen, Selbsterfahrungsangebote, Supervisionsangebote und wissenschaftlichen Austausch. Einzelne Artikel zur Pränatalen Psychologie sollen je nach Bedarf als Download zur Verfügung gestellt werden; die Information über die weitere wissenschaftliche Literatur erfolgt über die Webseite des Instituts: www.praenatalpsychologie.de.
Die Pränatale Psychologie hat sich aus der psychotherapeutischen Praxis entwickelt, zunächst im Rahmen der Psychoanalyse und später auch im Rahmen der Humanistischen Psychologie. Ein Forum für den fachlichen Austausch ist die Arbeitsgemeinschaft „Pränatal fundierte Psychotherapie und Psychosomatik (PfPP)“ (Kontakt: Marita Klippel-Heidekrüger) im Rahmen der International Society for Prenatal and Perinatal Psychology and Medicine (ISPPM). Ein Forum für den fachlichen Austausch im Bereich der Prävention, bzw. der Förderung der vorgeburtlichen Mutter-Kind-Beziehung ist die „Arbeitsgemeinschaft für Bindungsanalyse (Kontakt: Ludwig Janus).

Übersicht

Die Fähigkeit zur Reflexion inneren Erlebens auf einer persönlichen Ebene entwickelte sich erst spät in der Menschheitsgeschichte, zunächst im Rahmen der Philosophie und Literatur und dann erst in einer systematischeren Form für die Einzelnen im Rahmen der Psychoanalyse und der verschiedenen Psychotherapien im Laufe des letzten Jahrhunderts. Dabei wurden die Bedeutung von Kindheitserfahrungen deutlich, zunächst von den Erfahrungen des sprachfähigen Kindes und in einem zweiten Schritt von den vorsprachlichen Erfahrungen bis zurück in die Zeit während und vor der Geburt. Die intuitive Wahrnehmungsfähigkeit für die eigenen vorsprachlichen Erfahrungen ist jedoch sehr individuell und dadurch auch jeweils begrenzt. Deshalb kam es in Bezug auf diese Aspekte zu den bekannten Spaltungen in der Geschichte der Psychotherapie mit der Entwicklung jeweils eigener Schulen und Gruppen. Das betraf zunächst die Erfahrungen mit der Mutter in den ersten zwei Lebensjahren. Es stellte sich heraus, dass die Abkömmlinge der Erfahrungen vor, während und nach der Geburt von unserer sprachbezogenen Identität als Erwachsene in einer besonderen Weise schwer zugänglich sind und darum nur von Einzelnen intuitiv besonders begabten Pionieren erschlossen wurden: in Deutschland von Otto Rank und später Wolfgang Hollweg und Renate Hochauf, in der Schweiz von Gustav Hans Graber und später Franz Renggli und Peter Schindler, in den USA von Nandor Fodor und später von Arthur Janov, Stanislav Grof, William Emerson und Karlton Terry, in England von Francis Mott, Frank Lake und später Terence Dowling und Mathew Appleton und in Belgien von Rien Verdult, um nur einige beispielhaft zu nennen.
Die Erkundung und Entwicklung in diesem Bereich erfolgte wegen des sehr persönlichen Charakters dieser Erfahrungen im Rahmen von selbsterfahrungsbezogenen Seminaren und Workshops. Der wissenschaftsbezogene Austausch erfolgte in den siebziger und achtziger Jahren gegründeten Fachgesellschaften, insbesondere in der „International Society for Prenatal and Perinatal Psychology and Medicine“ (ISPPM) mit ihren ersten Präsidenten Gustav Hans Graber, Sepp Schindler und Peter Fodor-Freybergh und der „American Association for Prenatal Psychology and Health“ (APPPAH) mit ihren Präsidenten Thomas Verny und David Chamberlain. In Italien waren es die von Gino Soldera und Gabriella Ferrari begründeten italienischen Gesellschaften „Associazione Nazionale per l’Educazione Prenatale“ (ANEP)“ und „Associazione Nazionale di Psicologia e di Educazione Prenatale“ (ANPEP).
Da die Menschen in den traditionalen Kulturen in ihrem persönlichen Erleben in die höheren Wirklichkeiten und der weltlichen und geistlichen Obrigkeit eingebunden waren, beginnt erst mit der Aufklärung und ihrem Ideal der Selbstbestimmung und Verantwortung und der Emanzipation der Frauen eine psychologische Reflexion des eigenen Erlebens und der eigenen Lebensgeschichte. Doch bestimmten die überkommenen patriarchalen Strukturen immer noch die psychotherapeutische Forschung, sodass es ein Fortschritt war, dass in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts die Bedeutung des Erlebens in der nachgeburtlichen Lebenszeit für die innere Entwicklung erkannt wurde. Die Bedeutung auch schon des Erlebens vor und während der Geburt wurde, wie gesagt, auf sehr individuellen Wegen erkundet und erschlossen.
Durch den Zweiten Weltkrieg verloren die genannten patriarchalen Strukturen ihre frühere so unbedingte Glaubwürdigkeit und die früher so dominanten am Männlichen orientierten Werte des Gehorsams und der Pflicht traten zurück gegenüber den mehr am Weiblichen orientierten Werten des Verstehens und der Beziehung. Erst danach konnte Psychotherapie die weitere gesellschaftliche Bedeutung gewinnen, die sie heute hat. Und erst in der heutigen Zeit mit der weit fortgeschrittenen Emanzipation der Frauen, der Säuglingsforschung, der zunehmenden Akzeptanz der Matriarchatsforschung, also der Bedeutung der weiblich-mütterlichen Dimension in der Menschheitsgeschichte und der umfassenderen Akzeptanz der Demokratie und der Menschenrechte öffnet sich auch das Gefühl für die primär mütterlichen Anfänge unserer Lebensgeschichte, wie dies in der Gründung der Gesellschaften für Pränatale Psychologie seinen Ausdruck gefunden hat. In diesem Zusammenhang erfolgte auch am 30.Mai 2019 die Gründung eines „Instituts für Pränatale Psychologie und Medizin“ in Heidelberg mit seiner hier vorgestellten Abteilung „Geburtserfahrung“. Da in der etablierten Psychotherapie die Orientierungen an Schulen- oder Wissenschaftstraditionen vorherrschen und die immer sehr persönliche allerfrüheste Erfahrung gerade im psychotherapeutischen Bereich eher ein Randthema ist, scheint es sinnvoll, hier ein eigenes Forum einzurichten.

Zielsetzung der Abteilung Geburtserfahrung

Selbsterfahrungsangebote: Diese Angebote stehen an erster Stelle, da die Selbsterfahrung der entscheidende Zugang zur inneren Wahrnehmung der Abkömmlinge vorgeburtlicher und geburtlicher Erfahrungen ist. Die psychodynamischen Psychotherapien sind hier im Allgemeinen zu sprachbezogen oder die Verhaltenstherapien zu theoriebezogen, so das die Selbsterfahrung von primärer seelischer Wirklichkeit zu randständig oder zu wenig entwickelt ist. Damit ist auch die Möglichkeit, Zusammenhänge zwischen primären und späteren Erfahrungen zu erkennen und therapeutisch zu nutzen eingeschränkt und begrenzt.

Ankündigung von Weiterbildungen: Das können einzelne Seminare und Workshops sein, wie ebenso kurrikulare Weiterbildungen.

Supervisionsangebote: Wenn in einiger Zeit die Bedeutung der primären Erfahrungen für die spätere Entwicklung mehr erkannt und anerkannt sein wird, werden Supervisionsangebote von Pränatalpsychologen eine zunehmende Bedeutung gewinnen. Gerade bei erfahrenen Psychotherapeuten können Kenntnisse von den Inhalten der Pränatalen Psychologie rasch anschlussfähig und eine hilfreiche Ressource sein.

Berufsbezogene Weiterbildungsangebote: In den Bereichen der Geburtshelfer, der Hebammen, der Sozialarbeit, der Pädagogen, der Kriminalpsychologie u.a. sind pränatal psychologische Kenntnisse oft entscheidend, um ein Handeln zu ermöglichen, das den Klienten wirklich versteht und damit zwischen den verschiedenen Aspekten balancieren kann. Das gleiche gilt für den Bereich der Kulturpsychologie und politischen Psychologie, siehe die entsprechenden Hinweise auf der Webseite www.praenatalpsychologie.de. Darum ist in diesem Bereich auch die Kooperation mit der „Gesellschaft für psychohistorische Forschung und politischen Psychologie“ (GPPP) wichtig. Die Zeitbezogenheit unseres Wissens und unserer Mentalitäten ist für verantwortliches gesellschaftliches Handeln entscheidend.

Praxisorientierter Austausch: Dieser Austausch erfolgt bereits in der „AG für pränatal fundierte Psychotherapie“ für den psychotherapeutischen Bereich und in der „AG für Bindungsanalyse“ für den präventiven Bereich. Interessenten sind in beiden Gruppen willkommen (Kontakt siehe oben).

Informationen zu Tagungen und Kongressen: Kongresse und Tagungen dienen dem wissenschaftlichen aber auch den praktischen Austausch; sie haben in der Regel einen internationalen Charakter und bieten innovative Anregungen.

Downloads von informativen Artikeln: Es gibt bereits eine sehr weitläufige Literatur zur Pränatalen Psychologie, siehe zum Beispiel www.mattes.de, www.birthpsychology.com, www.Ludwig-Janus.de, www.praenatalpsychologie.de. Jeweils relevante Artikel sollen im Laufe der Zeit bedarfsorientiert zur Verfügung gestellt werden.